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„Kann ich noch Kapitän werden?“
oder:

Mit mir dann nicht mehr…

Ein Versuch, die Frage, die ich oft an Bord gehört habe, für einen denkbaren Nachwuchs aus EU-Deutschland abschließend und ehrlich zu beantworten.

 

Ich erhielt vor Kurzem einen Kommentar von einem Experten, der lange Jahre nicht nur an Bord in führender Position tätig war, sondern dann in der Gewerkschaft an der Küste für die Belange der Schifffahrt tätig wurde. An Bord in der damaligen Bordvertretung sich der Seeleute annahm, im Betriebsrat das gleiche tat und sich mit allen Berufsverbänden und Vereinen auskannte wie sonst keiner. Er war dabei, während wir auf See waren. Er setzte sich nicht nur für uns ein, er legte sich auch mit den Arbeitgebern an, lernte deren Vorgehensweise kennen und deuten., aber auch das Taktieren der Gewerkschaften lernte er hautnah und mittendrinnen kennen.


Er schrieb mir folgendes zum Thema Brandbekämpfung und mehr:


"Leider sind die Möglichkeiten etwas zu unternehmen vorbei. Die in der BG Verkehr dafür zuständige
Präventionsabteilung hat keine Seeleute mehr als Mitglieder. Von außen etwas an die BG herantragen, kann man theoretisch, hat aber keine Wirkung.
Wir sind jetzt wieder in den vor 70er Jahren, als die Seeleute zwar zu See fahren durften aber an der Willensbildung in allen sozialen Feldern nicht beteiligt und auf das Wohlwollen der Reeder angewiesen waren.
Selbst die Reeder bekommen kaum noch Fachpersonal zusammen, um in den Gremien der Sozialversicherung adäquat Probleme zu behandeln.
Die letzte große
Branchenkonferenz zum Thema Feuer an Bord ist schon einige Jahre her und die dort erarbeiteten Erkenntnisse haben keine Wirkung gezeigt. Alles zu versichern ist einfacher."


Mit solchen Fachthemen hat man sich oft beschäftigt und damit der Schifffahrt Erfahrungen zukommen lassen wollen. Sie flossen auch ein in die Besatzungsstruktur, der Besatzungsstärke und deren Ausbildungsstand.


Nun kann man zwischen den Zeilen lesen, das wir in die 70er Jahre zurück gefallen sind. Das Fehlen von Fachpersonal ist angedeutet und zwar in allen Bereichen. Fachkräftemangel, wie überall nachdem die geburtenstarken Jahrgänge abgetreten sind!
Kam ja alles sehr überraschend, wusste ja vorher niemand so richtig, oder?
Nun, es fehlen überall in der maritimen Wirtschaft Nachrücker. Bei den Lotsen, den Hafenverwaltungen, in der Hafenlogistik, Umschlagsgesellschaften, Schulen, Behörden, German Bight Traffic, im Havarie Kommando, der Polizei und Feuerwehr, Agenten, generell in der Wirtschaft und Forschung, auf den Werften, die wenigen die wir noch haben und auch in der Politik.
Überall fehlt der Nautiker und Techniker im maritimen Bereichen. 


Dafür sind nicht die geburtenstarken Jahrgänge allein verantwortlich die jetzt von Bord gegangen sind. Die Unternehmen selber tragen eine hohe Mitverantwortung wenn sie das jetzt beklagen sollte, wenn sie es denn wirklich beklagen!


Dem VDR ist es bisher nicht gelungen eine Kehrtwende hin zum deutschen Führungspersonal einzuleiten. Um nichts anderes geht es nämlich noch, denn als einfacher Matrose oder Techniker kann heute kaum ein Germane ausreichend verdienen. Ist ja auch nur halbherzig angegangen worden bisher.
Eigene Mitglieder des VDR gehören zum Billiglohnsegment, bieten allerlei globale Seeleute zum Billigtarif weit unter dem Heuervertrag-See an!


Und die Gewerkschaften, was können sie noch bewirken? Dealen mit der Branche auf der falschen Seite, lassen sich blenden, kümmern sich um Projekte die in Wirklichkeit eine Anstellung EU-Deutscher Patentinhaber nicht umsetzt. 


Die Kreuzfahrtbranche als boomendes Beispiel zeigt es doch, kein Tariflohn, Haustarif ja, aber Verträge außerhalb Deutschlands, z.B. in Italien begründet.
Hat die naive Gewerkschaftsführung alles abgenickt, die Häfen sind die nächsten die ähnliches erleben werden.


Unsere Ausbildung ist auch nicht mehr die allerbeste, liegt weit hinter manchem Billiglohnland zurück. Und wie und wo wird eigentlich an Bord ausgebildet?
Steht auch im Buch, ich will es hier nicht noch einmal anführen.
Augenhöhe, Respekt und Wertschätzung fehlen an allen Ecken und Kanten.

Das gab es schon immer, aber Qualifikation und Flaggenregulationen sowie die Tonnagesteuer sorgten für die Beschäftigung deutschen Personals an Bord. Damit ist nun endgültig Schluss.
Dagegen etwas zu tun fällt auch den eigentlichen Vertretern der Seeleute schwer oder gar nicht mehr ein. Die Verbände und Vereine pflegen ihre Statuten und sich selbst, sind gnadenlos überaltert, schleichen sich selbst bis zur Rente und darüber hinaus ins Ziel, nennen sich wichtig „Kapitän“ obwohl nie gewesen, ein paar Abwracker sind zwischen denen dabei, sie haben kräftig mit gerudert um den deutschen, teuren Seemann, abzubauen.


Von der Truppe kann man nichts mehr erwarten, da müssten junge Leute mal ran. Die Organisationen haben kein maritimes Know How mehr, wollen aber jeden und alles beraten.


Viele Fachhochschulen sind mittlerweile geschlossen, die wenig übriggebliebenen leiden unter Studentenmangel und Dozenten-Mangel. Wer soll Lehren und kann es noch und wer soll es erlernen? Was wird überhaupt noch weiter gegeben? Qualität?


Ich habe es an Bord bei der französischen Reederei CGM CMA selbst erfahren, hatte englische und chinesische Kadetten an Bord. Die Chinesen waren die Besseren und wollten lernen. Hab ich so an Bord nie wieder erlebt. Und die sind etwas geworden. Ganz China hat begriffen und hat eine Aggressivität im Business an den Tag gelegt, da bekommen wir regelrecht Schnapatmungen.


Zuvor haben wir vieles an die Asiaten verkauft, produzieren dort weil billiger, der Gewinn hier damit höher war. Geht auch nicht immer so weiter, weil wir die Gutverdiener zusehends belasten mit anderen Dingen.


Was bleibt ist eine gute, erfahrene 


„Seemannschaft“. 


Zumindest haben wir sie erlebt und gelebt.
Ob daraus auch eine ebenso gute und qualifizierte


 „Seefrauschaft“ 


werden kann oder angestrebt wird bleibt abzuwarten. Ich warte eigentlich täglich auf die weibliche Attacke auf diesen Ausdruck:
See-Mann-Schaft.


Ich habe so meine Zweifel. Habe ja auch Erlebnisse dieser Art verantworten müssen. Aber heute sind ja Worte und eine andere Sprache wichtiger geworden als Inhalte.


Ich ändere meine Meinung nicht wenn ich von Quoten spreche, möchte ich auch Qualifikation und Qualität im Gesamtpaket haben, sonst wäre es nur eine Mogelpackung. Damit tun die Frauen sich dann auch keinen Gefallen.


Der Beste für eine Position kann Mann oder Frau sein, es soll ja auch noch eine dritte Möglichkeit geben, aber es muss die beste Qualifikation den Platz einnehmen, ansonsten verlieren wir den Kampf um das Know How weltweit weiter.


Und ein geduldiges Verweilen in gewissen Positionen ist auch notwendig um Erfahrungen zu sammeln. Das zu häufige Wechseln erkennt man ja in den Sozial Medians allerorts.


30 Jährige haben 15 Anstellungen und mehr dort abgelegt. Mein CV ist dagegen sehr langweilig, beinahe eintönig, aber zielsicher.


Als ich 1997 Kapitän wurde gratulierte mir ein Kapitän und gab mir mit auf den Weg:
Nun aber auch die Bücher (Seefahrtsbücher meinte er) damit füllen!


Also nicht nur einmal, sondern über Jahre beweisen das es geht, man es kann, die Aufgabe erfüllt und das Vertrauen bestätigt.
Da gibt es heute diesen Anspruch leider nicht mehr!
Heute wird man wie eine „Kollegin“ mit der Geschwindigkeit einer „Rackete“ gleich bis in das europäische Parlament geschossen. So zumindest der Plan. Liebe Wähler, wozu und warum denn nun das? Was soll sie da für uns tun?
Mitschwimmen, versorgt sein in eigener Sache?
Finger weg von einer angedachten Wahl bitte!


Ich habe gerade auch über die „Work-Life-Balance“ nachgedacht. Jetzt erst!


Damals am Anfang meiner Laufbahn nie. Das ist wieder ein solcher Unterschied zu Gestern und Heute!
Nun stelle ich fest, wenn ich eine Balance noch irgendwie hinkriegen will muss ich 100 Jahre alt werden. 50 Jahre Seefahrt, naja, den bezahlten Urlaub vielleicht noch abgezogen, aber so um und bei 100...ich gebe mir Mühe.


Und 100, da war doch noch was!

 


Kriegen die Jungen Neuen nicht zumindest eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen im Ländle hin?


100 Km/h auf der BAB?

Eine Maßnahme die kein Geld kostet wo doch gerade jetzt das Geld wieder knapp wird.

 

Ich sage im Zusammenhang mit der Schifffahrt: 

alle Subventionen für diese Sparte absetzen, einsparen. Die machen nämlich Riesengewinne.


Und gerade jetzt wo nichts mehr so richtig bezahlt werden kann von den Umweltträumen.
Ungelernte unserer Führungen tun sich schwer, wie man fast täglich sieht und spürt.


Ich bleib an meinen 100 dran!


Mit dem Auto fahre ich schon von selbst 100 auf der BAB.
Werde belohnt durch einen niedrigen Verbrauch.


Aber ich habe mir jetzt vorgenommen:


ich lebe jetzt so gut es geht, will nur noch Positives berichten.


Mal sehen ob das auch hier auf meinen Seiten klappt.


Gute Ruhe!

Ach ja Jörg, es tut mir leid nun erneut feststellen zu müssen, dass unsere Seefahrt leider doch tot ist!
In Arrecife gesehen
(heute am 29.11.23)
und die Geschichte warum und wieso:


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