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Ohne Koch geht doch auch...

10.10.2024


Ein Lotsen-Bericht aus der Fahrt

ich darf zitieren:


"Wenn der Steven das Leitwerk der Neuen Schleusen passiert, dann ruft der Schleusenmeister die Lotsenwache in Brunsbüttel an. Somit ist 

der 1. Lotse der Liste/Bört für das entsprechende Schiff abgeteilt. 


In diesem Fall ein Elblotse Richtung Hamburg, für ein Feeder Schiff.


Als ich auf der Brücke ankam, spürte  ich schon eine sehr unangenehme Atmosphäre. Der Deutsche Kapitän telefonierte mit seiner Reederei und es wahr unschwer zu erkennen, dass seine Drehzahl auf 180 war. Was ich vom Gespräch mitbekam war : 


Entweder sie schicken mir in Hamburg einen vernünftigen Koch, oder ich steig in Hamburg aus. 


Während der Fahrt nach Hamburg hat sich der Kapitän etwas beruhigt und fing an zu erzählen ; 


12 Monate lang hatten wir einen philippinischen Super Koch an Bord, 

(in der Zeit war der Kapitän vier mal im Urlaub) der Koch ist vorher bei MSC auf Kreuzfahrtschiffen gefahren und hat täglich für gute Stimmung an Bord gesorgt. 

Als der Koch in Urlaub ging, hat die Reederei bzw. Crewing Agency  einen O.S. (Ordinary Seaman / Hilfsarbeiter) an Bord geschickt, der noch nie zur See gefahren war.


Entsprechend ist der Kapitän den ganzen Tag hinter ihm hergelaufen, weil der O.S. nichts auf die Reihe bekommen hat. Zwischenzeitlich hatte er versucht, einen von Deck in die Kombüse zu locken, die wollten  aber selbst unter Androhung von Kündigung nicht das Kochen übernehmen. 


In dem Moment, als ich auf der Brücke ankam, hatte der Reedereiinspektor vorgeschlagen - in Hamburg an Land zu gehen und ein Englisches Kochbuch zu kaufen. 


 Kapitän, das schaffen sie schon


Zwei Tage später hatte ich das gleiche Schiff von Hamburg in Richtung See - mit einem Polnischen Kapitän."


* * * * * 


Auswertung:


hier haben wir mehrere wunde Punkte zusammen, die ich schon länger kritisiere.


Erst einmal etwas Positives:


es gibt tatsächlich gute Köche unter den philippinischen Seeleuten, hatte ich bei Hapag-Lloyd und sonst Wo auch erlebt, aber...


es gibt noch deutsche EU-Kapitäne mit Charakter, bravo.


Nun aber das Negative:


ein funktionierender Koch ist an Bord wichtig, daher sollte es ein ausgebildeter Mann des Faches sein. Ist an Bord auch vorgeschrieben, im Safe Manning Certificate z.B.. Die Praxis zeigt uns häufig nur so eine Art "Fritten-Cookies" an Bord.


Die Reederei sollte sich danach richten und das Schiff so besetzen.

Der Zeitpunkt der Ablösung ist ausreichend bekannt, nach "12 Monaten" Dienst an Bord, was in sich schon eine Unverschämtheit ist, solche langen Fahrtzeiten zu verlangen.

Keine Wertschätzung gegenüber der globalen Mannschaft zu erkennen.


Ich sprach in meinem Buch über derartige Vorkommnisse, das ist leider kein Einzelfall. Die ITF und Gewerkschaften sollten sich solche Verträge und Reeder genauer ansehen.


Ich selber habe auf Verlangen der Crew einen Koch von dort einmal entlassen müssen. In Panama wurde er von Bord geholt, bis zum ersten Hafen US-Ostküste durfte ich kochen und ein paar andere willige Besatzungsmitglieder. Welche Reederei das war wollen Sie wissen?

Nun dann lesen Sie ganz oben und denken sich bei dem Wort "aber" Ihren Teil.


Ein O.S. ist ein Seemann der die Ausbildung beginnt, wieso sollte der kochen können?


Wieso muss ein Kapitän eigentlich hinter dem her sein, weil der von nichts eine Ahnung hat?

Gibt es keinen 1. Offizier oder einen 1. Mann an Deck zur Einweisung und Anleitung?


Den dümmlichen Spruch, dass der Kapitän es sicher schafft in Hamburg, ein Kochbuch zu kaufen, ist schon reichlich frech. In der Feederfahrt hat man keine Zeit in die Stadt zu düsen um so etwas zu besorgen, dass hätte der Reeder oder Agent mitbringen können. Ich schätze, im Büro saß so ein "Jung Dynamisch aber Erfolgloser" Quatschkopf in der Inspektion, von denen gibt es leider immer mehr. Hat sich an Bord nicht bewährt, nun kann er mit Minimum Erfahrung und Wissen glänzen.


Wir hatten bei der Hamburg-Süd an Bord auch das berühmte Kochbuch von Oetker, genau für solche Fälle. Das Buch sah immer wie neu gedruckt aus weil:


Captain, to much work I do not like this"


Selbst die Drohung von unserem wackeren Kapitän hier in Hamburg von Bord zu gehen, wurde nicht ernst genommen. Da hat man innerhalb kürzester Zeit einen Kapitän gefunden, der unseren Kollegen ablösen konnte.

Ein EU Kollege, aber weit unter Tarif fahrender Kapitän.

Der braucht auch nicht soviel Urlaub.


Eine Win Win Situation für den Reeder.


Und die Moral von der Geschichte:


wir wissen nicht sicher, ob der deutsche EU Kapitän tatsächlich sein Schiff verlassen hat, oder ob ihm vom Reeder gekündigt wurde.


Aber eines steht fest, einen Kapitän kann man scheinbar schneller ersetzen als einen Ersatz für den Koch.


Liegt das am Fachkräftemangel?


Also lieber Nachwuchs aufgepasst,


die besten Chancen hat man an Bord als:


Koch



 

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